Am Montag, den 20. Januar 2020 eröffneten bewaffnete Männer auf einem Markt in Nagraogo in der Region Centre-Nord das Feuer und töteten 36 Menschen. Anfang des Monats, am 4. Januar, wurden bei einem Bombenanschlag auf einen Schulbus 14 Menschen getötet. In den Bus saßen Kinder, die aus den Ferien zurückkamen.
Die Krise eskaliert
Diese beiden tödlichen Vorfälle, die in den letzten paar Wochen stattgefunden haben, veranschaulichen die sich rasch verschlechternde Sicherheitslage in Burkina Faso. Die sich daraus ergebende humanitäre Krise im Land wird jedoch kaum anerkannt und angegangen.
Familien werden von einem Moment auf den anderen dazu gezwungen, ihre Dörfer zu verlassen, all ihren Besitz zurückzulassen und in einer weit entfernten Stadt Zuflucht zu suchen. Sie sind dringend auf Unterstützung in Form von Lebensmitteln, Wasser, Unterkünften und Bildung angewiesen. Hier sind fünf Dinge, die man über die humanitäre Krise in Burkina Faso wissen sollte:
1. Es ist die am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise der Welt
Laut den Zahlen der Vereinten Nationen befanden sich Ende 2018 in Burkina Faso 50.000 Vertriebene. Ein Jahr später, Ende 2019, hatte sich diese Zahl mehr als verzehnfacht: auf 560.000.
Dieser Anstieg von 1000 Prozent innerhalb eines Jahres macht die Krise in Burkina Faso zur am schnellsten wachsenden Flüchtlingskrise der Welt. Es wird erwartet, dass die Zahl bis April 2020 auf unglaubliche 900.000 ansteigen wird.
Während Gewalt und Unsicherheit auch in den Nachbarländern Mali und Niger zunehmen, liegt die Anzahl der Vertriebenen in Burkina Faso höher als in Mali (204.015) und Niger (136.554) zusammen.
2. Die Menschen hungern, weil es nicht genug zu essen gibt
Aufgrund der Unsicherheit im Land ist die landwirtschaftliche Produktion in den betroffenen Gebieten um 20-70 Prozent zurückgegangen.
Das Welternährungsprogramm schätzt, dass 1,2 Millionen Menschen (von einer Gesamtbevölkerung von 19 Millionen) derzeit auf Lebensmittelhilfe angewiesen sind. Voraussichtlich wird diese Zahl mit dem Beginn der sogenannten mageren Jahreszeit im Juni auf 1,8 Millionen steigen.
3. Gesundheitseinrichtungen werden geschlossen
Zu einem Zeitpunkt, da medizinische Einrichtungen und Krankenhäuser mehr denn je gebraucht werden, wurden 95 Gesundheitseinrichtungen geschlossen und 135 waren nur noch mit minimaler Kapazität in Betrieb (Stand Dezember 2019). Die Schließungen gefährden den Zugang zu medizinischer Grundversorgung für fast 1,2 Millionen Menschen.
4. Gefährdete Kinder können nicht mehr zur Schule gehen
Auch auf das Bildungssystem des Landes hat die Unsicherheit negative Auswirkungen. Bis Juni 2019 wurden 2.087 Schulen geschlossen, wodurch 330.000 Kinder keinen oder nur noch eingeschränkten Zugang zu Bildung hatten, so UNICEF.
Diese Tatsache ist nicht nur wegen der potenziellen Beeinträchtigung der Entwicklung der Kinder besorgniserregend, sondern auch, weil Jugendliche, die nicht zur Schule gehen, einem höheren Risiko von sexueller Ausbeutung oder Rekrutierung durch bewaffnete Gruppen ausgesetzt sind.
5. Die humanitäre Reaktion erfolgt zu langsam
Trotz des Ausmaßes der Krise wird die humanitäre Reaktion durch einen Mangel an Finanzmitteln behindert. Im Jahr 2019 wurden von den benötigten 187 Millionen US-Dollar (168,5 Millionen Euro) lediglich 89 Millionen US-Dollar (80 Millionen Euro) bereitgestellt. Die humanitären Hilfsorganisationen konnten daher viele der betroffenen Gemeinden nicht erreichen. Dieses Jahr liegt der von den Vereinten Nationen veranschlagte Betrag aufgrund der schnell wachsenden Krise bei 295 Millionen US-Dollar (266 Millionen Euro).
NRC Flüchtlingshilfe ist in Burkina Faso vor Ort und leistet in den Flüchtlingslagern Hilfe in Form von Unterkünften. Außerdem bauen wir Unterrichtsräume wieder auf, damit Schülerinnen und Schüler sicher zur Schule gehen können.
Es werden jedoch mehr Mittel benötigt, um den immensen Bedarf zu decken. Die Geber müssen ihre Anstrengungen verstärken, um diese humanitäre Notlage anzugehen.