Foto: Jess Wanless/NRC

Kolumbien: Millionen Menschen leben in Konfliktgebieten

Nach Angaben des Norwegian Refugee Council (NRC) ist die Zahl der Kolumbianer*innen, die in Gebieten leben, in denen bewaffnete Gruppen operieren, seit 2021 um 70 Prozent gestiegen. Heute leben fast 8,4 Millionen Kolumbianer*innen in diesen Konfliktgebieten, 3,5 Millionen mehr als in 2021. Das Leid der Zivilbevölkerung wird ignoriert und Regierung und Hilfsorganisationen müssen mehr unternehmen, um die humanitären Bedürfnisse zu decken und die Zivilbevölkerung zu schützen.
Pressemitteilung
Kolombien
Veröffentlicht 15. Aug. 2024

„Die Hoffnung auf Frieden, die bei meinem Besuch in Kolumbien vor zehn Jahren noch groß war, schwindet, vor allem in den ländlichen Gebieten. Die Gewalt in Kolumbien hat seither ein ähnlich verheerendes Ausmaß erreicht wie vor dem Friedensabkommen von 2016. Die aktuellen Friedensbemühungen aller Konfliktparteien müssen dringend dem Gewaltverzicht und dem Schutz der Betroffenen Priorität einräumen. Die Chance, den Frieden wiederherzustellen, schwindet“, sagte Jan Egeland, Generalsekretär des NRC, bei einem Besuch der Konfliktgebiete des Landes in dieser Woche.

Bewaffnete Gruppen, die in ländlichen Gebieten präsent sind, setzen eine Reihe von Taktiken ein, um das Leben der Menschen zu diktieren und zu kontrollieren. Unter anderem schränken sie ihre Bewegungsfreiheit ein, indem sie sie daran hindern, ihre Gemeinschaft zu verlassen, ein Zustand, der als confinement(englisch für Einschließung) bezeichnet wird.

In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden fast 65.000 Menschen durch Mord, Einschüchterung, Landminen und Kreuzfeuer daran gehindert, ihre Umgebung zu verlassen. Die Ausbreitung nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen und bewaffneter Konflikte hat dazu geführt, dass 2024 20 Prozent mehr Menschen als im Vorjahr auf diese Weise gefangen gehalten werden, wodurch die Betroffenen des Konflikts „unsichtbar“ oder für humanitäre Hilfe unerreichbar werden.

Schulen werden zunehmend zu Gefechtszonen und Zehntausende von Kindern mussten ihre Ausbildung aufgrund der bewaffneten Konflikte unterbrechen. Seit Januar 2022 sind fast 30.000 Schüler*innen von bewaffneter Gewalt betroffen. Dazu gehören direkte und indirekte Angriffe auf Schulen, die Übernahme von Schulen durch bewaffnete Gruppen und die Zwangsrekrutierung von Kindern. Nationale und lokale Behörden müssen ihrer Verpflichtung nachkommen, für sichere Schulen zu sorgen.

„Die Familien, die ich diese Woche getroffen habe, haben mir erzählt, wie schwierig es heute ist, Frieden zu finden, da die bewaffneten Gruppen ihr Leben immer mehr einschränken. Obwohl die kolumbianische Regierung viel getan hat, um den Frieden zu fördern und den vom Konflikt Betroffenen zu helfen, unterstreicht das, was ich in dieser Woche gesehen habe, die außerordentliche Bedrohung, der die Gemeinschaften noch immer durch bewaffnete Akteure ausgesetzt sind, und die dringende Notwendigkeit von Stabilität“, sagte Egeland.

Kolumbien gehört weiterhin zu den vier Ländern mit den meisten Binnenvertriebenen. Ende 2023 waren in Kolumbien rund 5,1 Millionen Menschen aufgrund von Konflikten und Gewalt auf der Flucht.

Flüchtlinge und Binnenvertriebene, die versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen oder in den Norden zu gelangen, sind ebenfalls von der anhaltenden Gewalt betroffen. Viele Menschen durchqueren Kolumbien auf der Suche nach Sicherheit und Perspektiven in Nordamerika oder Mexiko, oft über den Darién Gap. „Der Schutz der zehntausenden Menschen, die auf diesen Fluchtrouten ihr Leben riskieren, muss eine Priorität für die kolumbianische und andere lateinamerikanische Regierungen sein, die sich dazu in der Erklärung von Cartagena und im bevorstehenden Aktionsplan für Chile verpflichtet haben“, sagte Egeland.

„Die humanitäre Lage in Kolumbien erfordert eine Aufstockung der Mittel der internationalen Geber sowohl für die vom Konflikt betroffene Zivilbevölkerung als auch für die Unterstützung der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen, die versuchen, sich hier zu integrieren. Während der Bedarf explodiert, werden die Mittel für unsere Arbeit hier gekürzt. Das Ausmaß des Leids, das der Konflikt in Kolumbien verursacht, ist enorm und die Zivilbevölkerung darf nicht vergessen werden.“

 

Notizen für die Redaktionen:

  • Im Jahr 2023 wurden in Kolumbien 000 Menschen gewaltsam vertrieben - mehr als 800 Menschen pro Tag (IDMC). Ende 2023 lebten in Kolumbien 5,1 Millionen Binnenvertriebene aufgrund von Konflikten und Gewalt (IDMC).
  • 4,9 Millionen Kolumbianer*innen lebten im Jahr 2021 in Gebieten, in denen nichtstaatliche bewaffnete Gruppen präsent waren; heute leben etwa 8,4 Millionen Kolumbianer*innen weiterhin in Gebieten, in denen nichtstaatliche bewaffnete Akteure präsent sind (UN OCHA).
  • Die Zahl der Menschen, die sich in confinement befinden, steigt weiter an. Von Januar bis Juli 2024 waren es 820 Menschen gegenüber 51.613 Menschen im gleichen Zeitraum im Jahr 2023 (UN OCHA).
  • Nach Angaben des NRC wurde das Leben von mehr als 5.500 Schüler*innen, Lehrer*innen und anderem Schulpersonal in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 durch Kreuzfeuer, Drohungen, Landminen und die Besetzung oder Nutzung von Schulen als Militärstützpunkte beeinträchtigt. Angriffe auf das Bildungswesen wurden aus neun der 32 Provinzen des Landes gemeldet.
  • Kolumbien ist das Land mit der drittgrößten Zahl an Menschen, die internationalen Schutz benötigen. Nach Angaben der Vereinten Nationen befinden sich mehr als 2,8 Millionen Venezolaner*innen in Kolumbien. 2,1 Millionen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Aufnahmegemeinschaften sind laut der Vereinten Nationen (R4V 2024) auf humanitäre Hilfe angewiesen.
  • Eine Rekordzahl von 520.085 Flüchtlingen und Binnenvertriebenen überquerte 2023 den gefährlichen Darién Gap zwischen Panama und Kolumbien.
  • Im Jahr 2024 überquerten rund 000 Flüchtlinge und Binnenvertriebene den Darién Gap, darunter 122.600 aus Venezuela - 65 Prozent aller Menschen, die über den Darién Gap nach Panama kommen, sind venezolanische Staatsbürger. Auch 12.800 Ecuadorianer*innen, 12.000 Kolumbianer*innen, 10.000 Chinese*innen, 10.000 Haitianer*innen und viele andere überquerten den Darién Gap.
  • Von den für den kolumbianischen Plan für humanitäre Hilfe 2024 beantragten 236 Mio. US-Dollar (ca. 215,88 Mio. Euro) wurden nur 30 Prozent finanziert. Der Plan für 2023 wurde nur zu 40 Prozent finanziert, der Plan für 2022 zu 43 Prozent und der Plan für 2021 zu 49 Prozent.
  • Humanitäre Organisationen haben 575 Mio. US-Dollar (ca. 526,05 Euro) beantragt (R4V-Kolumbien), um die Bedürfnisse der venezolanischen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in Kolumbien zu decken. Die humanitären Akteure haben bisher 14 von 100 beantragten US-Dollar (ca. 12,81 Euro von ca. 91,49 Euro) erhalten und gemeldet.

 

Multimedia:

  • Fotos und Videos von Jan Egelands Besuch in Kolumbien können hier kostenlos heruntergeladen werden.

 

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews wenden Sie sich bitte an:

  • Ana Milena Ayala, Advocacy and Communication Officer, NRC Norwegian Refugee Council in Kolumbien: ana.ayala@nrc.no, +57 323 274 6021.
  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Berlin: lodzik@nrc-hilft.de, +49 (0) 151 578 60663.
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329.

„Die Hoffnung auf Frieden, die bei meinem Besuch in Kolumbien vor zehn Jahren noch groß war, schwindet, vor allem in den ländlichen Gebieten. Die Gewalt in Kolumbien hat seither ein ähnlich verheerendes Ausmaß erreicht wie vor dem Friedensabkommen von 2016. Die aktuellen Friedensbemühungen aller Konfliktparteien müssen dringend dem Gewaltverzicht und dem Schutz der Betroffenen Priorität einräumen. Die Chance, den Frieden wiederherzustellen, schwindet“, sagte Jan Egeland, Generalsekretär des NRC, bei einem Besuch der Konfliktgebiete des Landes in dieser Woche.

Bewaffnete Gruppen, die in ländlichen Gebieten präsent sind, setzen eine Reihe von Taktiken ein, um das Leben der Menschen zu diktieren und zu kontrollieren. Unter anderem schränken sie ihre Bewegungsfreiheit ein, indem sie sie daran hindern, ihre Gemeinschaft zu verlassen, ein Zustand, der als confinement(englisch für Einschließung) bezeichnet wird.

In der ersten Hälfte dieses Jahres wurden fast 65.000 Menschen durch Mord, Einschüchterung, Landminen und Kreuzfeuer daran gehindert, ihre Umgebung zu verlassen. Die Ausbreitung nichtstaatlicher bewaffneter Gruppen und bewaffneter Konflikte hat dazu geführt, dass 2024 20 Prozent mehr Menschen als im Vorjahr auf diese Weise gefangen gehalten werden, wodurch die Betroffenen des Konflikts „unsichtbar“ oder für humanitäre Hilfe unerreichbar werden.

Schulen werden zunehmend zu Gefechtszonen und Zehntausende von Kindern mussten ihre Ausbildung aufgrund der bewaffneten Konflikte unterbrechen. Seit Januar 2022 sind fast 30.000 Schüler*innen von bewaffneter Gewalt betroffen. Dazu gehören direkte und indirekte Angriffe auf Schulen, die Übernahme von Schulen durch bewaffnete Gruppen und die Zwangsrekrutierung von Kindern. Nationale und lokale Behörden müssen ihrer Verpflichtung nachkommen, für sichere Schulen zu sorgen.

„Die Familien, die ich diese Woche getroffen habe, haben mir erzählt, wie schwierig es heute ist, Frieden zu finden, da die bewaffneten Gruppen ihr Leben immer mehr einschränken. Obwohl die kolumbianische Regierung viel getan hat, um den Frieden zu fördern und den vom Konflikt Betroffenen zu helfen, unterstreicht das, was ich in dieser Woche gesehen habe, die außerordentliche Bedrohung, der die Gemeinschaften noch immer durch bewaffnete Akteure ausgesetzt sind, und die dringende Notwendigkeit von Stabilität“, sagte Egeland.

Kolumbien gehört weiterhin zu den vier Ländern mit den meisten Binnenvertriebenen. Ende 2023 waren in Kolumbien rund 5,1 Millionen Menschen aufgrund von Konflikten und Gewalt auf der Flucht.

Flüchtlinge und Binnenvertriebene, die versuchen, ihr Leben wieder aufzubauen oder in den Norden zu gelangen, sind ebenfalls von der anhaltenden Gewalt betroffen. Viele Menschen durchqueren Kolumbien auf der Suche nach Sicherheit und Perspektiven in Nordamerika oder Mexiko, oft über den Darién Gap. „Der Schutz der zehntausenden Menschen, die auf diesen Fluchtrouten ihr Leben riskieren, muss eine Priorität für die kolumbianische und andere lateinamerikanische Regierungen sein, die sich dazu in der Erklärung von Cartagena und im bevorstehenden Aktionsplan für Chile verpflichtet haben“, sagte Egeland.

„Die humanitäre Lage in Kolumbien erfordert eine Aufstockung der Mittel der internationalen Geber sowohl für die vom Konflikt betroffene Zivilbevölkerung als auch für die Unterstützung der Flüchtlinge und Binnenvertriebenen, die versuchen, sich hier zu integrieren. Während der Bedarf explodiert, werden die Mittel für unsere Arbeit hier gekürzt. Das Ausmaß des Leids, das der Konflikt in Kolumbien verursacht, ist enorm und die Zivilbevölkerung darf nicht vergessen werden.“

 

Notizen für die Redaktionen:

  • Im Jahr 2023 wurden in Kolumbien 000 Menschen gewaltsam vertrieben - mehr als 800 Menschen pro Tag (IDMC). Ende 2023 lebten in Kolumbien 5,1 Millionen Binnenvertriebene aufgrund von Konflikten und Gewalt (IDMC).
  • 4,9 Millionen Kolumbianer*innen lebten im Jahr 2021 in Gebieten, in denen nichtstaatliche bewaffnete Gruppen präsent waren; heute leben etwa 8,4 Millionen Kolumbianer*innen weiterhin in Gebieten, in denen nichtstaatliche bewaffnete Akteure präsent sind (UN OCHA).
  • Die Zahl der Menschen, die sich in confinement befinden, steigt weiter an. Von Januar bis Juli 2024 waren es 820 Menschen gegenüber 51.613 Menschen im gleichen Zeitraum im Jahr 2023 (UN OCHA).
  • Nach Angaben des NRC wurde das Leben von mehr als 5.500 Schüler*innen, Lehrer*innen und anderem Schulpersonal in den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 durch Kreuzfeuer, Drohungen, Landminen und die Besetzung oder Nutzung von Schulen als Militärstützpunkte beeinträchtigt. Angriffe auf das Bildungswesen wurden aus neun der 32 Provinzen des Landes gemeldet.
  • Kolumbien ist das Land mit der drittgrößten Zahl an Menschen, die internationalen Schutz benötigen. Nach Angaben der Vereinten Nationen befinden sich mehr als 2,8 Millionen Venezolaner*innen in Kolumbien. 2,1 Millionen Flüchtlinge, Binnenvertriebene und Aufnahmegemeinschaften sind laut der Vereinten Nationen (R4V 2024) auf humanitäre Hilfe angewiesen.
  • Eine Rekordzahl von 520.085 Flüchtlingen und Binnenvertriebenen überquerte 2023 den gefährlichen Darién Gap zwischen Panama und Kolumbien.
  • Im Jahr 2024 überquerten rund 000 Flüchtlinge und Binnenvertriebene den Darién Gap, darunter 122.600 aus Venezuela - 65 Prozent aller Menschen, die über den Darién Gap nach Panama kommen, sind venezolanische Staatsbürger. Auch 12.800 Ecuadorianer*innen, 12.000 Kolumbianer*innen, 10.000 Chinese*innen, 10.000 Haitianer*innen und viele andere überquerten den Darién Gap.
  • Von den für den kolumbianischen Plan für humanitäre Hilfe 2024 beantragten 236 Mio. US-Dollar (ca. 215,88 Mio. Euro) wurden nur 30 Prozent finanziert. Der Plan für 2023 wurde nur zu 40 Prozent finanziert, der Plan für 2022 zu 43 Prozent und der Plan für 2021 zu 49 Prozent.
  • Humanitäre Organisationen haben 575 Mio. US-Dollar (ca. 526,05 Euro) beantragt (R4V-Kolumbien), um die Bedürfnisse der venezolanischen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen in Kolumbien zu decken. Die humanitären Akteure haben bisher 14 von 100 beantragten US-Dollar (ca. 12,81 Euro von ca. 91,49 Euro) erhalten und gemeldet.

 

Multimedia:

  • Fotos und Videos von Jan Egelands Besuch in Kolumbien können hier kostenlos heruntergeladen werden.

 

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews wenden Sie sich bitte an:

  • Ana Milena Ayala, Advocacy and Communication Officer, NRC Norwegian Refugee Council in Kolumbien: ana.ayala@nrc.no, +57 323 274 6021.
  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Berlin: lodzik@nrc-hilft.de, +49 (0) 151 578 60663.
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329.