Weltweit alarmierender Rückgang der Hilfe für Menschen in Kriegs- und Krisengebieten

Von den weltweit benötigten Mitteln für humanitäre Hilfe sind bis zur Jahresmitte 2024 erst 18 Prozent eingegangen.
Pressemitteilung
Global
Veröffentlicht 02. Juli 2024

„In einer Zeit, in der die Welt für Millionen von Menschen aus den Fugen gerät, erleben wir eine zunehmende internationale Vernachlässigung. Noch nie habe ich eine so eklatante Kluft zwischen dem Bedarf an lebensrettender Hilfe und den verfügbaren Mitteln gesehen. Das Gesamtniveau der humanitären Hilfe ist völlig unzureichend, und nur wenige Krisen erhalten finanzielle Mittel und Aufmerksamkeit, während die meisten vergessen werden", warnte Jan Egeland, Generalsekretär des Norwegian Refugee Council.

„Die Lücke zwischen dem wachsenden Bedarf und den verfügbaren Mitteln ist in den letzten zehn Jahren immer größer geworden, aber im vergangenen Jahr waren die Mittel für humanitäre Hilfe zum ersten Mal tatsächlich rückläufig. Die Aussichten für dieses Jahr sind noch düsterer und es ist zu erwarten, dass noch mehr Menschen in Not ohne Hilfe bleiben.“

Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist in der ersten Jahreshälfte weiter gestiegen, derzeit werden 48,7 Mrd. US-Dollar (ca. 45,32 Mrd. Euro) benötigt, um die dringendsten Bedürfnisse zu decken. Doch das Defizit ist enorm: Bis Juni 2024 sind nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) lediglich 9 Mrd. US-Dollar (ca. 8,38 Mrd. Euro) (18 Prozent) eingegangen.

„Es ist katastrophal, dass Nationen Satelliten auf die Rückseite des Mondes schicken können, aber nicht bereit sind, Kinder auf der Erde vor dem Verhungern zu bewahren“, sagte Egeland. „Wir sind von der Hilfe einiger weniger Länder abhängig, während viele Länder, die mehr helfen könnten, viel zu wenig beitragen“, fügte Egeland hinzu.

Weltweit werden Programme für Nahrungsmittel- und Bargeldhilfe gekürzt. Mitarbeiter*innen von NRC sind Zeuge geworden, wie Flüchtlinge in unsichere Konfliktgebiete zurückgekehrt sind, weil die Unterstützung in ihren Aufnahmegemeinschaften weniger wurde. Andere sind gezwungen, ihr Eigentum zu verkaufen - einschließlich landwirtschaftlicher Geräte, die sonst zur Ernährungssicherheit beitragen könnten -, sich auf sexuellen Tauschhandel einzulassen oder früh zu heiraten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Wie aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Norwegian Refugee Council hervorgeht, wird der Mangel an Mitteln für humanitäre Hilfe in mehreren Ländern auch durch die Kürzung oder Aussetzung der Entwicklungshilfe verschärft.

„Die Aussetzung der Entwicklungshilfe in vielen Ländern, die von politischen Krisen betroffen sind, bedeutet, dass die Ursachen der Krisensituationen nicht adressiert werden. Gleichzeitig sind die humanitären Ressourcen für viele Bedürfnisse erschöpft. Es ist unerlässlich, dass sich die Akteure der Entwicklungsfinanzierung weiterhin engagieren“, so Egeland.

„Angesichts des dramatischen Rückgangs der humanitären Hilfe weltweit sind die sinkenden finanziellen Beiträge Deutschlands besonders besorgniserregend. Die Welt erlebt noch nie dagewesene Krisen, doch die kritische Unterstützung ehemals verlässlicher Geber ist geschrumpft, Deutschlands Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Hier muss dringend gegengesteuert werden“, fordert Timm Büchner, stellvertretender Geschäftsführer von NRC Deutschland. Ohne eine substanzielle und faire Finanzierung sind Millionen Menschen von Hunger, Vertreibung und unsäglicher Not bedroht.

 

Zahlen und Fakten:

  • 48,7 Mrd. US-Dollar (ca. 45,32 Mrd. Euro) werden benötigt, damit die Vereinten Nationen und ihre humanitären Partner im Jahr 2024 die dringendsten humanitären Bedürfnisse decken können. Bis zum 1. Juli wurden 9 Mrd. US-Dollar (ca. 8,38 Mrd. Euro) beziehungsweise 18 Prozent für humanitäre Hilfspläne zugesagt.  
  • Die Verteilung der Mittel ist oft ungleichmäßig, mit der Folge, dass viele Krisen stark unterfinanziert sind. Im Jahr 2023 floss fast die Hälfte der Mittel in nur fünf Krisen (Ukraine, Syrien, Jemen, Afghanistan, besetzte palästinensische Gebiete), während kritische Regionen wie der Sudan, Burkina Faso, die Demokratische Republik Kongo, Myanmar und andere vernachlässigt wurden.
  • Zu den am stärksten unterfinanzierten Krisen gehört Burkina Faso (nur 16 Prozent des humanitären Hilfsplans werden finanziert), das auch die NRC Liste der vernachlässigten Vertreibungskrisen für 2023 anführt. Weitere stark unterfinanzierte Krisen sind Sudan (17 Prozent), Venezuela (10 Prozent), Myanmar (12 Prozent), Äthiopien (14 Prozent), El Salvador (14 Prozent) und Mali (15 Prozent).
  • Die Aussetzung oder der Entzug von Entwicklungshilfe nach einem verfassungswidrigen Regierungswechsel zwingt die ohnehin schon überlasteten humanitären Akteure oft dazu, Lücken in der Grundversorgung wie Gesundheit, Bildung, Wasser und sanitäre Einrichtungen zu füllen, was das unterfinanzierte globale humanitäre System zusätzlich belastet, so der jüngste Bericht von NRC, Weathering the storm.
  • Untätigkeit kostet Leben. Fehlende Finanzmittel zwingen gefährdete Bevölkerungsgruppen zu negativen Bewältigungsmechanismen wie dem Verkauf von Eigentum, der Aufnahme von Krediten, sexuellem Tauschhandel, Kinderarbeit oder früher Heirat, wodurch sich der Kreislauf von Verwundbarkeit und Instabilität fortsetzt.
  • Das Ignorieren humanitärer Bedürfnisse führt zu einer Verschlimmerung des Leids, fördert die Instabilität, untergräbt den sozialen Zusammenhalt und verlängert die Konflikte, was sich wiederum negativ auf die regionale und internationale Stabilität auswirkt.
  • Die Geberregierungen müssen ihre Budgets für humanitäre Hilfe aufrechterhalten und wenn möglich erhöhen, wobei der Schwerpunkt auf der gerechten Finanzierung vernachlässigter Krisen liegen sollte.
  • Die traditionellen Geber müssen den Dialog intensivieren und die Regierungen, die über das wirtschaftliche Potenzial verfügen, dazu auffordern, mehr Verantwortung für mehr und vorhersehbarere bedarfsorientierte humanitäre Hilfe zu übernehmen.

 

Für weitere Informationen oder um ein Interview zu vereinbaren, wenden Sie sich bitte an:

  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Berlin: lodzik@nrc-hilft.de, +49 (0) 151 578 60663
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329

„In einer Zeit, in der die Welt für Millionen von Menschen aus den Fugen gerät, erleben wir eine zunehmende internationale Vernachlässigung. Noch nie habe ich eine so eklatante Kluft zwischen dem Bedarf an lebensrettender Hilfe und den verfügbaren Mitteln gesehen. Das Gesamtniveau der humanitären Hilfe ist völlig unzureichend, und nur wenige Krisen erhalten finanzielle Mittel und Aufmerksamkeit, während die meisten vergessen werden", warnte Jan Egeland, Generalsekretär des Norwegian Refugee Council.

„Die Lücke zwischen dem wachsenden Bedarf und den verfügbaren Mitteln ist in den letzten zehn Jahren immer größer geworden, aber im vergangenen Jahr waren die Mittel für humanitäre Hilfe zum ersten Mal tatsächlich rückläufig. Die Aussichten für dieses Jahr sind noch düsterer und es ist zu erwarten, dass noch mehr Menschen in Not ohne Hilfe bleiben.“

Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist in der ersten Jahreshälfte weiter gestiegen, derzeit werden 48,7 Mrd. US-Dollar (ca. 45,32 Mrd. Euro) benötigt, um die dringendsten Bedürfnisse zu decken. Doch das Defizit ist enorm: Bis Juni 2024 sind nach Angaben des Amtes der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) lediglich 9 Mrd. US-Dollar (ca. 8,38 Mrd. Euro) (18 Prozent) eingegangen.

„Es ist katastrophal, dass Nationen Satelliten auf die Rückseite des Mondes schicken können, aber nicht bereit sind, Kinder auf der Erde vor dem Verhungern zu bewahren“, sagte Egeland. „Wir sind von der Hilfe einiger weniger Länder abhängig, während viele Länder, die mehr helfen könnten, viel zu wenig beitragen“, fügte Egeland hinzu.

Weltweit werden Programme für Nahrungsmittel- und Bargeldhilfe gekürzt. Mitarbeiter*innen von NRC sind Zeuge geworden, wie Flüchtlinge in unsichere Konfliktgebiete zurückgekehrt sind, weil die Unterstützung in ihren Aufnahmegemeinschaften weniger wurde. Andere sind gezwungen, ihr Eigentum zu verkaufen - einschließlich landwirtschaftlicher Geräte, die sonst zur Ernährungssicherheit beitragen könnten -, sich auf sexuellen Tauschhandel einzulassen oder früh zu heiraten, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.

Wie aus einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Norwegian Refugee Council hervorgeht, wird der Mangel an Mitteln für humanitäre Hilfe in mehreren Ländern auch durch die Kürzung oder Aussetzung der Entwicklungshilfe verschärft.

„Die Aussetzung der Entwicklungshilfe in vielen Ländern, die von politischen Krisen betroffen sind, bedeutet, dass die Ursachen der Krisensituationen nicht adressiert werden. Gleichzeitig sind die humanitären Ressourcen für viele Bedürfnisse erschöpft. Es ist unerlässlich, dass sich die Akteure der Entwicklungsfinanzierung weiterhin engagieren“, so Egeland.

„Angesichts des dramatischen Rückgangs der humanitären Hilfe weltweit sind die sinkenden finanziellen Beiträge Deutschlands besonders besorgniserregend. Die Welt erlebt noch nie dagewesene Krisen, doch die kritische Unterstützung ehemals verlässlicher Geber ist geschrumpft, Deutschlands Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel. Hier muss dringend gegengesteuert werden“, fordert Timm Büchner, stellvertretender Geschäftsführer von NRC Deutschland. Ohne eine substanzielle und faire Finanzierung sind Millionen Menschen von Hunger, Vertreibung und unsäglicher Not bedroht.

 

Zahlen und Fakten:

  • 48,7 Mrd. US-Dollar (ca. 45,32 Mrd. Euro) werden benötigt, damit die Vereinten Nationen und ihre humanitären Partner im Jahr 2024 die dringendsten humanitären Bedürfnisse decken können. Bis zum 1. Juli wurden 9 Mrd. US-Dollar (ca. 8,38 Mrd. Euro) beziehungsweise 18 Prozent für humanitäre Hilfspläne zugesagt.  
  • Die Verteilung der Mittel ist oft ungleichmäßig, mit der Folge, dass viele Krisen stark unterfinanziert sind. Im Jahr 2023 floss fast die Hälfte der Mittel in nur fünf Krisen (Ukraine, Syrien, Jemen, Afghanistan, besetzte palästinensische Gebiete), während kritische Regionen wie der Sudan, Burkina Faso, die Demokratische Republik Kongo, Myanmar und andere vernachlässigt wurden.
  • Zu den am stärksten unterfinanzierten Krisen gehört Burkina Faso (nur 16 Prozent des humanitären Hilfsplans werden finanziert), das auch die NRC Liste der vernachlässigten Vertreibungskrisen für 2023 anführt. Weitere stark unterfinanzierte Krisen sind Sudan (17 Prozent), Venezuela (10 Prozent), Myanmar (12 Prozent), Äthiopien (14 Prozent), El Salvador (14 Prozent) und Mali (15 Prozent).
  • Die Aussetzung oder der Entzug von Entwicklungshilfe nach einem verfassungswidrigen Regierungswechsel zwingt die ohnehin schon überlasteten humanitären Akteure oft dazu, Lücken in der Grundversorgung wie Gesundheit, Bildung, Wasser und sanitäre Einrichtungen zu füllen, was das unterfinanzierte globale humanitäre System zusätzlich belastet, so der jüngste Bericht von NRC, Weathering the storm.
  • Untätigkeit kostet Leben. Fehlende Finanzmittel zwingen gefährdete Bevölkerungsgruppen zu negativen Bewältigungsmechanismen wie dem Verkauf von Eigentum, der Aufnahme von Krediten, sexuellem Tauschhandel, Kinderarbeit oder früher Heirat, wodurch sich der Kreislauf von Verwundbarkeit und Instabilität fortsetzt.
  • Das Ignorieren humanitärer Bedürfnisse führt zu einer Verschlimmerung des Leids, fördert die Instabilität, untergräbt den sozialen Zusammenhalt und verlängert die Konflikte, was sich wiederum negativ auf die regionale und internationale Stabilität auswirkt.
  • Die Geberregierungen müssen ihre Budgets für humanitäre Hilfe aufrechterhalten und wenn möglich erhöhen, wobei der Schwerpunkt auf der gerechten Finanzierung vernachlässigter Krisen liegen sollte.
  • Die traditionellen Geber müssen den Dialog intensivieren und die Regierungen, die über das wirtschaftliche Potenzial verfügen, dazu auffordern, mehr Verantwortung für mehr und vorhersehbarere bedarfsorientierte humanitäre Hilfe zu übernehmen.

 

Für weitere Informationen oder um ein Interview zu vereinbaren, wenden Sie sich bitte an:

  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Norwegian Refugee Council in Berlin: lodzik@nrc-hilft.de, +49 (0) 151 578 60663
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329