Ein Bus aus dem Iran ist an der Grenze von Islam Qala mit Afghan*innen angekommen, die aus dem Iran zurückkehren. Der Iran hat angekündigt, bis März 2025 bis zu zwei Millionen Afghan*innen ausweisen zu wollen. Foto: Christian Jepsen/NRC

Millionen Afghan*innen droht die Ausweisung unter aussichtslosen Bedingungen

Nach Jahrzehnten des Konflikts, einem lähmenden wirtschaftlichen Zusammenbruch und verheerenden Klimaschocks ist Afghanistan nicht in der Lage, in den kommenden Monaten Millionen von Menschen aufzunehmen, denen die Ausweisung aus den Nachbarländern droht, warnt der Generalsekretär des Norwegian Refugee Council (NRC), Jan Egeland, bei einem Besuch im Land.
Pressemitteilung
Afghanistan
Veröffentlicht 22. Jan. 2025

„Die vielen schutzbedürftigen Afghan*innen, die bereits aus dem Iran zurückkehren und die ich diese Woche an der Grenze getroffen habe, haben das Gefühl, in einer andauernden Schwebe zu leben. Sie haben Afghanistan auf der Suche nach einem besseren und sichereren Leben verlassen und kehren nun in eine ungewisse Zukunft in Afghanistan zurück, wo sie mit derselben Arbeitslosigkeit, demselben Hunger und denselben Menschenrechtsverletzungen konfrontiert sind, die sie überhaupt erst dazu veranlasst haben, ihre Heimat zu verlassen“, sagte Egeland.

Der Iran hat angekündigt, bis März 2025 etwa zwei Millionen Afghan*innen auszuweisen. Seit Oktober 2023 wurden bereits mindestens 800.000 aus Pakistan ausgewiesen. Den meisten bleibt keine andere Wahl, als in städtischen Gebieten zu bleiben. Dort haben sie Schwierigkeiten, Arbeit oder eine Unterkunft zu finden. Während einige von ihnen Familienangehörige in der Gegend haben, aus der sie stammen, haben viele nach Jahren im Exil keine solchen Verbindungen mehr. Sie wissen nicht, wohin sie gehen sollen.

„Arme und vertriebene afghanische Familien zahlen einen hohen Preis für das Fehlen echter, dauerhafter Lösungen zur Unterstützung von Vertriebenen und Flüchtlingen, die in einer eskalierenden humanitären Krise in Afghanistan und den Aufnahmeländern gefangen sind“, sagte Egeland. „In Gesprächen mit Taliban-Behörden habe ich erörtert, wie wir zusammenarbeiten können, um Menschen, die zurückkehren, besser zu unterstützen.“

„Während meines Besuchs habe ich auch die schwerwiegenden Einschränkungen der Grundrechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan angesprochen, denen es nur noch eingeschränkt möglich ist, am Bildungs- und Arbeitswesen sowie am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das anhaltende Verbot der Sekundarschulbildung für Mädchen bedeutet, dass 1,5 Millionen Mädchen im Teenageralter keine Schule besuchen können. Darüber hinaus wurde durch ein neues, unverständliches Verbot die Ausbildung von Hebammen und weiblichen Pflegekräften eingestellt, was nicht nur Existenzgrundlagen zerstört, sondern auch die Gesundheit und das Leben von Frauen unmittelbar gefährdet“, so Egeland.

„Die Wiederherstellung der Menschenrechte für Frauen und Mädchen erfordert die Zusammenarbeit mit den afghanischen Behörden. Weitere Diskussionsrunden in westlichen Hauptstädten werden wenig bewirken. Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, sich wie wir aktiv mit den Behörden in Afghanistan auseinanderzusetzen und die humanitäre Hilfe zu intensivieren. Die Behörden müssen dafür ein förderliches Umfeld schaffen. Die anhaltende Distanzierung vieler Länder von den Behörden in Afghanistan führt nur zu noch mehr Einschränkungen und Leid für Frauen, Mädchen und Familien – von denen viele keine andere Möglichkeit sehen, als ihr Leben auf gefährlichen Reisen zu riskieren“, erklärte Egeland.

Die internationale Hilfe, die für die Linderung der immensen humanitären Bedürfnisse in Afghanistan von entscheidender Bedeutung war, geht nun zurück. Dreieinhalb Jahre nach der Machtübernahme durch die Taliban ist die Bevölkerung in einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt gefangen. Derzeit leiden Millionen von Afghan*innen, darunter die am stärksten gefährdeten Frauen und Kinder, unter den harten Winterbedingungen mit Schnee und nächtlichen Temperaturen von bis zu minus zehn Grad Celsius. Das macht die Arbeit von NRC und anderen humanitären Organisationen noch wichtiger.

Hinweise für die Redaktionen:

  • Fotos und B-Roll stehen hier zur freien Verwendung zur Verfügung.
  • Im September 2024 kündigte der Iran seine Absicht an, bis März 2025 bis zu zwei Millionen Afghan*innen auszuweisen (DW, September 2024).
  • Seit Oktober 2023 wurden fast 800.000 Afghan*innen aus Pakistan ausgewiesen (IOM DTM 15. Dezember 2024).
  • Laut dem Humanitarian Needs and Response Plan (HRP) für Afghanistan benötigen 2025 22,9 Millionen Afghan*innen humanitäre Hilfe, davon 53 Prozent Kinder und 25 Prozent Frauen (Afghanistan HNRP 2025).
  • Die humanitäre Finanzierung für Afghanistan ist jedes Jahr erheblich zurückgegangen: 76 Prozent des HRP-Bedarfs wurden 2022 gedeckt, 2023 waren es nur noch 46 Prozent und im Dezember 2024 nur 44,9 Prozent (OCHA FTS).
  • Fast 50 Prozent der afghanischen Bevölkerung leben laut Weltbank in Armut (Afghanistan Development Update, 2024).
  • Laut dem „Afghanistan Humanitarian Needs and Response Plan (HNRP)“ von 2025 gehen 1,5 Millionen Mädchen im Teenageralter aufgrund des anhaltenden Verbots der Sekundarschulbildung für Mädchen nicht zur Schule.
  • Der Iran beherbergt mindestens 4,5 Millionen Afghan*innen. Zu dieser Zahl gehören sowohl registrierte als auch nicht registrierte Afghan*innen .
  • Laut UNHCR ist der Iran mit 3,8 Millionen Menschen (die überwiegende Mehrheit sind Afghan*innen) das Land mit den meisten Flüchtlingen weltweit.
  • Im Jahr 2024 war der Regional Refugee Response Plan (RRRP) nur zu 28 Prozent finanziert, wobei der Finanzierungsanteil des Iran bei nur 24 Prozent und der Anteil Pakistans bei 30 Prozent lag (Refugee Funding Tracker). Im Jahr 2023 war der RRRP insgesamt zu 33 Prozent finanziert (32 Prozent für Pakistan und 37 Prozent für den Iran).
  • Die Empfehlung des UNHCR zum Verbleib außerhalb Afghanistans wurde 2021 herausgegeben und 2023 erneuert (2021 Advisory, 2023 Guidance Note).

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews wenden Sie sich bitte an:

  • Christian Jepsen, Asia Media and Communications Adviser, NRC Norwegian Refugee Council: christian.jepsen@nrc.no, +254 706 248 39, derzeit in Afghanistan
  • Ed Prior, Media Adviser des Generalsekretärs, NRC Norwegian Refugee Council: ed.prior@nrc.no, +47 902 94 379
  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Deutschland: zoemarie.lodzik@nrc-hilft.de, +49 151 578 60663 
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329

„Die vielen schutzbedürftigen Afghan*innen, die bereits aus dem Iran zurückkehren und die ich diese Woche an der Grenze getroffen habe, haben das Gefühl, in einer andauernden Schwebe zu leben. Sie haben Afghanistan auf der Suche nach einem besseren und sichereren Leben verlassen und kehren nun in eine ungewisse Zukunft in Afghanistan zurück, wo sie mit derselben Arbeitslosigkeit, demselben Hunger und denselben Menschenrechtsverletzungen konfrontiert sind, die sie überhaupt erst dazu veranlasst haben, ihre Heimat zu verlassen“, sagte Egeland.

Der Iran hat angekündigt, bis März 2025 etwa zwei Millionen Afghan*innen auszuweisen. Seit Oktober 2023 wurden bereits mindestens 800.000 aus Pakistan ausgewiesen. Den meisten bleibt keine andere Wahl, als in städtischen Gebieten zu bleiben. Dort haben sie Schwierigkeiten, Arbeit oder eine Unterkunft zu finden. Während einige von ihnen Familienangehörige in der Gegend haben, aus der sie stammen, haben viele nach Jahren im Exil keine solchen Verbindungen mehr. Sie wissen nicht, wohin sie gehen sollen.

„Arme und vertriebene afghanische Familien zahlen einen hohen Preis für das Fehlen echter, dauerhafter Lösungen zur Unterstützung von Vertriebenen und Flüchtlingen, die in einer eskalierenden humanitären Krise in Afghanistan und den Aufnahmeländern gefangen sind“, sagte Egeland. „In Gesprächen mit Taliban-Behörden habe ich erörtert, wie wir zusammenarbeiten können, um Menschen, die zurückkehren, besser zu unterstützen.“

„Während meines Besuchs habe ich auch die schwerwiegenden Einschränkungen der Grundrechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan angesprochen, denen es nur noch eingeschränkt möglich ist, am Bildungs- und Arbeitswesen sowie am öffentlichen Leben teilzunehmen. Das anhaltende Verbot der Sekundarschulbildung für Mädchen bedeutet, dass 1,5 Millionen Mädchen im Teenageralter keine Schule besuchen können. Darüber hinaus wurde durch ein neues, unverständliches Verbot die Ausbildung von Hebammen und weiblichen Pflegekräften eingestellt, was nicht nur Existenzgrundlagen zerstört, sondern auch die Gesundheit und das Leben von Frauen unmittelbar gefährdet“, so Egeland.

„Die Wiederherstellung der Menschenrechte für Frauen und Mädchen erfordert die Zusammenarbeit mit den afghanischen Behörden. Weitere Diskussionsrunden in westlichen Hauptstädten werden wenig bewirken. Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, sich wie wir aktiv mit den Behörden in Afghanistan auseinanderzusetzen und die humanitäre Hilfe zu intensivieren. Die Behörden müssen dafür ein förderliches Umfeld schaffen. Die anhaltende Distanzierung vieler Länder von den Behörden in Afghanistan führt nur zu noch mehr Einschränkungen und Leid für Frauen, Mädchen und Familien – von denen viele keine andere Möglichkeit sehen, als ihr Leben auf gefährlichen Reisen zu riskieren“, erklärte Egeland.

Die internationale Hilfe, die für die Linderung der immensen humanitären Bedürfnisse in Afghanistan von entscheidender Bedeutung war, geht nun zurück. Dreieinhalb Jahre nach der Machtübernahme durch die Taliban ist die Bevölkerung in einer der schlimmsten humanitären Krisen der Welt gefangen. Derzeit leiden Millionen von Afghan*innen, darunter die am stärksten gefährdeten Frauen und Kinder, unter den harten Winterbedingungen mit Schnee und nächtlichen Temperaturen von bis zu minus zehn Grad Celsius. Das macht die Arbeit von NRC und anderen humanitären Organisationen noch wichtiger.

Hinweise für die Redaktionen:

  • Fotos und B-Roll stehen hier zur freien Verwendung zur Verfügung.
  • Im September 2024 kündigte der Iran seine Absicht an, bis März 2025 bis zu zwei Millionen Afghan*innen auszuweisen (DW, September 2024).
  • Seit Oktober 2023 wurden fast 800.000 Afghan*innen aus Pakistan ausgewiesen (IOM DTM 15. Dezember 2024).
  • Laut dem Humanitarian Needs and Response Plan (HRP) für Afghanistan benötigen 2025 22,9 Millionen Afghan*innen humanitäre Hilfe, davon 53 Prozent Kinder und 25 Prozent Frauen (Afghanistan HNRP 2025).
  • Die humanitäre Finanzierung für Afghanistan ist jedes Jahr erheblich zurückgegangen: 76 Prozent des HRP-Bedarfs wurden 2022 gedeckt, 2023 waren es nur noch 46 Prozent und im Dezember 2024 nur 44,9 Prozent (OCHA FTS).
  • Fast 50 Prozent der afghanischen Bevölkerung leben laut Weltbank in Armut (Afghanistan Development Update, 2024).
  • Laut dem „Afghanistan Humanitarian Needs and Response Plan (HNRP)“ von 2025 gehen 1,5 Millionen Mädchen im Teenageralter aufgrund des anhaltenden Verbots der Sekundarschulbildung für Mädchen nicht zur Schule.
  • Der Iran beherbergt mindestens 4,5 Millionen Afghan*innen. Zu dieser Zahl gehören sowohl registrierte als auch nicht registrierte Afghan*innen .
  • Laut UNHCR ist der Iran mit 3,8 Millionen Menschen (die überwiegende Mehrheit sind Afghan*innen) das Land mit den meisten Flüchtlingen weltweit.
  • Im Jahr 2024 war der Regional Refugee Response Plan (RRRP) nur zu 28 Prozent finanziert, wobei der Finanzierungsanteil des Iran bei nur 24 Prozent und der Anteil Pakistans bei 30 Prozent lag (Refugee Funding Tracker). Im Jahr 2023 war der RRRP insgesamt zu 33 Prozent finanziert (32 Prozent für Pakistan und 37 Prozent für den Iran).
  • Die Empfehlung des UNHCR zum Verbleib außerhalb Afghanistans wurde 2021 herausgegeben und 2023 erneuert (2021 Advisory, 2023 Guidance Note).

Für weitere Informationen oder zur Vereinbarung eines Interviews wenden Sie sich bitte an:

  • Christian Jepsen, Asia Media and Communications Adviser, NRC Norwegian Refugee Council: christian.jepsen@nrc.no, +254 706 248 39, derzeit in Afghanistan
  • Ed Prior, Media Adviser des Generalsekretärs, NRC Norwegian Refugee Council: ed.prior@nrc.no, +47 902 94 379
  • Zoe-Marie Lodzik, Communication Adviser, NRC Deutschland: zoemarie.lodzik@nrc-hilft.de, +49 151 578 60663 
  • NRC Norwegian Refugee Council weltweite Medien-Hotline: media@nrc.no, +47 905 62 329