Afghanistan

Seife rettet Leben

Ein neuer Hilfskonvoi ist unterwegs – mit Seife im Gepäck. Häufiges Händewaschen mit Seife ist die wirksamste Methode, die Ausbreitung des Coronavirus zu verhindern und Leben zu retten. Bisher haben wir an über 10.000 vertriebene Familien in Afghanistan Seife und andere Hygieneartikel verteilt.

Ein Hilfskonvoi von sechs Fahrzeugen ist auf dem Weg nach Barikab im Distrikt Bagram. Fünf Lkw sind mit Seife und Hygieneartikeln beladen. Die Nachhut bildet ein weißer Toyota Landcruiser mit dem bekannten orangefarbenen Logo von NRC Flüchtlingshilfe.

Bagram liegt eine Autostunde nordwestlich der Hauptstadt Kabul. In der Antike war die Stadt eine beliebte Station auf der Seidenstraße. Heute leben hier Tausende von vertriebenen Familien und afghanischen Flüchtlingen, die in ihr Heimatland zurückgekehrt sind.

Bereit für die Verteilung: Der Hilfskonvoi von NRC Flüchtlingshilfe ist in Barikab angekommen. Bisher haben wir Seife und Hygieneartikel an über 10.000 Familien in Afghanistan verteilt.

Zwei Drittel derjenigen, die aus ihren Heimatprovinzen in Afghanistan vertrieben wurden, haben in den Großstädten und deren Umgebung Zuflucht gesucht. Die Bevölkerung Kabuls hat sich in ein paar Jahrzehnten verdreifacht. Derzeit leben in der Hauptstadt vier bis fünf Millionen Menschen.

In Barikab angekommen bereitet das Team von NRC Flüchtlingshilfe umgehend die Verteilung der Hilfsgüter vor.

„Früher konnten wir arbeiten und ein bisschen Geld verdienen, aber nun mit der Covid-19-Krise, sind wir gezwungen, zu Hause zu bleiben“, sagt Mohammed Alam.

Mohammed Alam, 53, hat gerade eine große blaue Tasche mit Seife und Hygieneartikeln abgeholt. Auf dem Kopf trägt er eine traditionelle weiße afghanische Kufi. Über Nase und Mund trägt er eine selbst gemachte Schutzmaske. Er ist schon sein ganzes Leben lang vor Kriegen und Konflikten auf der Flucht. Nun ist es das Coronavirus, gegen das er sich zu schützen versucht.

„Ich war noch ein Kind, als meine Familie aus der Provinz Lugar nach Pakistan floh. Vor ungefähr zwei Jahren, nachdem wir 40 Jahre lang als Flüchtlinge in Pakistan gelebt hatten, sind wir nach Afghanistan zurückgekehrt. In unserer Heimatprovinz Lugar war es nicht sicher, deshalb sind wir nun hier in dieser Siedlung für Binnenvertriebene. Die Lebenshaltungskosten hier sind niedrig und wir werden von verschiedenen Organisationen unterstützt“, sagt er.

Mohammed Alam auf dem Heimweg mit der Seife und den Hygieneartikeln, die er von NRC Flüchtlingshilfe erhalten hat.

„Früher konnten wir arbeiten und ein bisschen Geld verdienen, aber nun mit der Covid-19-Krise, sind wir gezwungen, zu Hause zu bleiben. Ich habe elf Familienmitglieder, die ich ernähren muss. Wir haben nichts mehr zu essen und die Kinder gehen hungrig ins Bett. Dadurch sind wir noch anfälliger für Krankheiten.“

Der neunjährige Hazrat Ali schleppt mühsam eine der großen, schweren Taschen mit Seife und Hygieneartikeln. Sein Großvater, der 70-jährige Musa Khan, humpelt ihm nach, mit Stock, weißem Turban und traditioneller weißer Kleidung. Er ruft seinem Enkel ermutigende Worte zu.

Hazrat Ali, 9, kämpft mit der großen, schweren Tasche mit Seife und Hygieneartikeln. Aber wie viele afghanische Kinder ist er daran gewöhnt, zu arbeiten und mit anzupacken. Sein Großvater, Musa Khan, humpelt hinter ihm her.

Musa Khan hat fast sein ganzes Leben als Flüchtling im benachbarten Pakistan verbracht.

„Ursprünglich stammen wir aus der Provinz Lugar im Süden des Landes, aber aufgrund der schwierigen Situation können wir nicht nach Hause zurück“, sagt er.

Nun lebt er in einem kleinen Haus mit drei Zimmern, das sich 15 Familienmitglieder teilen.

Musa ist froh, dass sein Enkel bei dem Unfall nicht schwerer verletzt wurde. Omar, 6, hat kleinere Verletzungen an Schulter und Arm erlitten, als er Feuerholz sammelte.

„Ich habe zwei Söhne, die uns alle versorgen. Sie sind Landarbeiter und verdienen maximal 1,80 Euro am Tag. Es reicht gerade so für Brot und ein bisschen Gemüse. Wegen des Coronavirus und der Reisebeschränkungen können sie nicht mehr zur Arbeit gehen und kein Geld verdienen. Derzeit leben wir auf Kredit und wir Erwachsenen essen weniger, damit die Kinder nicht verhungern.“

Musa erzählt, dass alle Kinder in der Familie Schrott sammeln, um ihn zu verkaufen. Aber ein paar Tage, bevor NRC Flüchtlingshilfe kam, erlitt sein sechsjähriger Enkel Hazrat Omar leichte Verletzungen durch Sprengstoff, den er auf einem Feld fand. Sein Freund Saied, 10, hatte weniger Glück. Er verlor bei dem Unfall seine ganze Hand.

Musa und seine Enkelkinder packen die Tasche von NRC Flüchtlingshilfe aus.

Musa sagt, dass er die Nachrichten verfolgt und erfahren hat, dass das Virus sich im Land ausbreitet, und dass gute Handhygiene wichtig ist, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern oder einzudämmen.

„Aus diesem Grund ist es gut, dass wir von euch Seife und Reinigungsmittel bekommen, denn das konnten wir uns zuvor nicht leisten. Früher haben wir unsere Hände mit Erde und Asche gewaschen.“

Er hat auch gehört, dass es gut ist, Obst und Gemüse zu essen. „Wir sollen Zitronen, Kiwis und Orangen essen, um uns zu schützen, aber wir haben kaum genug Geld für Brot. Ich hoffe, dass wir auch im Hinblick auf Lebensmittel noch Unterstützung bekommen, damit wir mehr zu essen haben.“

Mariza und Dilawar waschen ihre Hände.

Mariza, 11, ist mit ihrem Vater gekommen, um die Tasche mit den Hygieneartikeln abzuholen. Nun ist sie vor ihrem Haus und wäscht sich die Hände mit Seife – etwas, das sie schon seit Langem nicht mehr gemacht hat. Ihr Cousin Dilawar, 9, hilft ihr. Unter den Hygieneartikeln, die die Familie bekommen hat, sind Seife, Zahnbürsten und Zahnpasta, Handtücher, Waschlappen und Scheuerbürsten.

Einer der Jungen, die beim Feuerholzsammeln durch Sprengstoff verletzt wurden, war Marizas Bruder. Durch den Unfall hat Mariza nun Angst, Holz sammeln zu gehen, und freut sich darauf, dass die Schulen wieder geöffnet werden.

Dilawar, 9, ist Musas Enkel. Hier ist er vor dem Haus, dass sein Großvater gebaut hat, als die Familie 2016 aus Pakistan zurückkehrte.

„Die Schule fehlt mir. Wir können auch nicht zum Spielen rausgehen. Früher sind wir jeden Tag die Berghänge hinaufgegangen, um Feuerholz zu sammeln. Aber nachdem mein Bruder bei dem Unfall verletzt wurde, habe ich Angst, auf die Felder und die Berghänge zu gehen. Ich hätte auch von der Bombe verletzt werden können“, sagt sie.

Die Lastwagen sind leer. Weitere Familien haben Seife und Hygieneartikel bekommen, durch die sie sich besser vor Covid-19 schützen können – eine Krankheit, die am meisten diejenigen betrifft, die am wenigsten haben.