Unsere wichtigste Aufgabe: Bildung

Es ist sieben Uhr. Ein fröhliches Mädchen in einem roten Kleid betritt den Klassenraum und setzt sich auf ihren Platz. Der Lehrer bittet sie, nach vorn zur Tafel zu kommen und ihre Hausaufgabe aufzuschreiben. 1-2-3-4-5-6 schreibt sie, dann setzt sie sich wieder.

Die sechsjährige Safari Rose ist glücklich, dass sie wieder zur Schule gehen kann. Ihre Familie musste fliehen, als bewaffnete Gruppen in ihr Viertel in Juba im Südsudan eindrangen. Sie ist eins der 3.500 Kinder, die an der Hope Grundschule angemeldet sind, die im Jahr 2014 von der NRC Flüchtlingshilfe erbaut wurde.

Bildung hat für Vertriebene immer oberste Priorität. Aus diesem Grund hat sie auch für uns bei NRC oberste Priorität. Bildung bietet Schutz, ein Gefühl der Normalität, Traumabewältigung und Hoffnung für die Zukunft. Wir glauben, dass Bildung ebenso wichtig ist wie Lebensmittel und eine Unterkunft.

„Vom ersten Tag an sind Schule und Bildung Bestandteil unserer humanitären Arbeit“, sagt Annelies Ollieuz, globale Bildungsmanagerin bei NRC.

 

Schule gibt Hoffnung für die Zukunft

Safari lebt mit ihrer Mutter und ihren fünf Geschwistern in einem Lager am Rande von Juba. Sie gehört zu den vielen Kindern, die die Brutalität des Konflikts im Südsudan miterlebt haben. Ihr Vater wurde von bewaffneten Gruppen getötet und ihr Bruder starb auf der Flucht. Sie hat die Kämpfe satt.

„Mein Vater und mein Bruder fehlen mir. Ich hoffe wirklich, dass im Südsudan wieder Frieden einkehrt.“

Safari und ihre Mutter in dem Lager außerhalb Jubas, in dem sie leben. Das Leben ist hart für die siebenköpfige Familie – Safaris Vater wurde von bewaffneten Gruppen getötet und ihre Mutter muss die Familie allein ernähren. Safari hilft ihr bei der Hausarbeit, sie fegt den Boden und hilft ihrer Mutter beim Kochen. Foto: Ingrid Prestetun/NRC

Das Leben im Lager ist hart. Safaris Mutter ernährt die Familie allein und hat Schwierigkeiten, genug Lebensmittel, Wasser und Seife für ihre Kinder zu besorgen. Manchmal geht sie in den Busch in der Nähe, um Feuerholz zu sammeln und es zu verkaufen. Safari hilft ihr bei der Hausarbeit, sie fegt den Boden und hilft ihrer Mutter beim Kochen.

Jetzt geht Safari jede Woche montags bis freitags von 7 bis 12 Uhr in die Hope Grundschule. Bildung ist ihr sehr wichtig und sie will fleißig lernen.

„Ich will mich in der Schule sehr anstrengen. Wenn ich einen Abschluss bekomme, will ich dazu beitragen, den Frieden wiederherzustellen und das Land wiederaufzubauen, indem ich Schulen und Krankenhäuser baue“, sagt sie.

Bildung in Krisensituationen

In der Hope Grundschule sind Kinder aller Altersklassen angemeldet. Viele der Lehrkräfte sind ebenfalls Vertriebene. Wir schulen sie und stellen sicher, dass sie dafür gerüstet sind, in Krisensituationen als Erziehende zu arbeiten.

„Diese Kinder müssen ausgebildet werden, damit sie eines Tages gute Führungskräfte werden können“, sagt Schulleiter James Kot Nyuon. Er betont, dass viele der Kinder traumatisiert sind. Psychosoziale Unterstützung ist daher ein wichtiger Bestandteil des Schulplans.

„Wir wollen den Kindern Hoffnung für die Zukunft geben und es ihnen ermöglichen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen“
John Rutaro vom NRC-Team im Südsudan.

Safari ist einer von über einer Million Menschen auf der ganzen Welt, die wir im Jahr 2018 durch unsere Bildungsprojekte unterstützen konnten. Hier sind nur einige unserer Bildungsprojekte:

 

Nachholkurse

Wenn Familien zur Flucht gezwungen sind, können Kinder oft für längere Zeit nicht mehr zur Schule gehen. Je länger ein Kind sich außerhalb des Schulsystems befindet, desto unwahrscheinlicher wird es, dass er oder sie in die Schule zurückgeht. Es ist jedoch sowohl für ihr Wohlergehen als auch für ihre Zukunftsaussichten entscheidend, dass Kinder wieder die Schule besuchen.

NRC-Bildungsmanagerin Annelies Ollieuz erklärt: „Krieg verursacht Chaos. Aus kinderpsychologischer Sicht ist es wichtig, dass alle Kinder eine gewisse Routine in ihrem Alltag haben. Wenn Kinder in Kriegsgebieten nicht zur Schule gehen können, geht diese Routine verloren, und das macht es ihnen schwer, sich von dieser Krise wieder zu erholen.“

Davilla (links) hat vier Schuljahre versäumt, da sie vor der Gewalt in ihrem Dorf in der Zentralafrikanischen Republik fliehen musste. Jetzt besucht sie die von NRC angebotenen Nachholkurse und träumt davon, Krankenschwester zu werden. Foto: Chanel Igara/NRC

Um dieses Problem anzugehen, bieten wir Kurse an, die vertriebenen Kindern dabei helfen, Versäumtes aufzuholen. In der Zentralafrikanischen Republik beispielsweise konnten wir Tausenden Kindern im Süden des Landes dabei helfen, wieder zur Schule zu gehen. Eins dieser Kinder ist die 16-jährige Davilla, die aufgrund eines Gewaltausbruchs in ihrem Heimatdorf vier Schuljahre verpasste.

„Ich bin wirklich sehr froh. Die Schule ist meine Zukunft. Für meine Mutter war es sehr wichtig, dass ich wieder zur Schule gehen konnte. Sie möchte, dass ich etwas lerne, anstatt einfach zu Hause zu bleiben. Meine Mutter glaubt, dass mir das später viele Möglichkeiten eröffnen wird.“
– Davilla, 16, aus der Präfektur Kemo im Süden der Zentralafrikanischen Republik.

Wiederaufbau von Schulen und Ausbildung von Lehrkräften

Selbst wenn vertriebene Kinder eine Schule besuchen können, sind Lehrkräfte und Unterrichtsräume oft knapp. Es kommt regelmäßig vor, dass Schulen aufgrund von Gewalt geschlossen werden müssen und die Systeme sind außerstande, der großen Anzahl neuer Schulkinder gerecht zu werden.

NRC baut Schulen wieder auf, bildet neue Lehrkräfte aus und stellt grundlegende Ausstattung zur Verfügung, um dabei zu helfen, diesen Bedarf zu decken. Unser Ziel ist es, in den Regionen, in denen Geflüchtete und Vertriebene sich niederlassen, allen zu helfen. Indem wir sowohl die bestehenden Gemeinden als auch die Neuankommenden unterstützen, vermeiden wir, dass Missgunst und Konflikte entstehen.

Kavira, 13, spielt mit ihren neuen Schulfreunden in der Kihito Grundschule in der DR Kongo ein Spiel namens ‚Kaloke’. „Es ist wirklich ein schönes Spiel, bei dem ich mich entspannen kann und mich wohlfühle“, sagt sie. Foto: Ephrem Chiruza/NRC

Im Jahr 2018 haben wir im Konfliktgebiet Rutshuru in der Demokratischen Republik Kongo 28 neue Klassenräume gebaut. In diesen Klassenräumen lernen nun Kinder der Gemeinden vor Ort zusammen mit zurückgekehrten und vertriebenen Kindern. Darüber hinaus haben wir Lehrkräfte ausgebildet und an Tausende Kinder Hefte und Stifte verteilt. Kinder wir die 13-jährige Kavira, die zwei Jahre zuvor die Schule abgebrochen hatte.

 

Technische und berufliche Bildung

Für Vertriebene ist es entscheidend, grundlegende Fertigkeiten zu erlernen, um ihr Leben wieder aufbauen und sich und ihre Familien selbst versorgen zu können. Viele, deren Häuser und Existenzgrundlage zerstört wurden, müssen in einer unbekannten Umgebung mit begrenzten Möglichkeiten wieder ganz von vorne anfangen.

In der humanitären Welt zielen Bildungsprogramme üblicherweise auf Kinder bis 14 Jahre ab. Junge Menschen, die 15 Jahre alt oder älter sind, werden oft sich selbst überlassen. Wir von NRC wollen diese Lücke schließen. Ollieuz erklärt: „Unter anderem stellen wir den Jugendlichen Beraterinnen und Berater zur Seite, die ihnen helfen, ihr Potenzial zu entfalten.“

NRC bietet in Basra Kurse für junge Landwirtinnen und Landwirte an, um sie für die wachsende Wasserkrise fit zu machen. Ali (links im Bild) sagt: „Wir lernten das Pflügen, die Verwendung von Gewächshäusern und den Einsatz von Düngern. Wir haben bereits begonnen, diese Techniken anzuwenden, um unsere Betriebe zu schützen.“ Foto: Tom Peyre-Costa/NRC

Wir bieten außerdem technische und berufliche Weiterbildungskurse an, um Vertriebenen zu helfen, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen und für mögliche zukünftige Umbrüche besser gewappnet zu sein. Im Irak bieten wir beispielsweise im Süden des Landes Kurse für junge Landwirtinnen und Landwirte an, um sie für die wachsende Wasserkrise fit zu machen. Mazin, ein Landwirt aus Zubair in der Provinz Basra, profitiert bereits davon.

„Vor dem Kurs haben wir unsere Pflanzen einfach irgendwie angebaut, ohne wissenschaftliche Technik, aber nun haben wir gelernt, wie man den Boden zum Pflanzen nutzt, wie man sät und düngt. Wir wissen nun besser über Anbautechniken Bescheid.“
– Mazin aus Basra im Südirak

Fakten und Zahlen

Im Jahr 2018 konnten wir insgesamt 1.074.779 Menschen in 24 Ländern durch unsere Bildungsprogramme unterstützen.

Wir arbeiten mit Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 24 Jahren und konzentrieren uns besonders auf diejenigen, die nicht mehr zur Schule gehen oder ihre Schulbildung unterbrechen mussten.

Lesen Sie mehr über unsere Arbeit im Bereich Bildung.

 

So können Sie helfen

Helfen Sie uns, die 70,8 Millionen Menschen zu unterstützen, die auf der ganzen Welt vor Krieg und Verfolgung auf der Flucht sind. Sie können unsere Arbeit auf unterschiedliche Weise unterstützen:

  1. Leisten Sie eine Spende an NRC Flüchtlingshilfe – über unsere sichere und einfache Online-Spendenseite.
  2. Erfahren Sie mehr darüber, was SIE für die Geflüchteten der Welt tun können – und entdecken Sie weitere kreative Möglichkeiten, wie Sie Mittel generieren und auf die Krisen Aufmerksam machen können.

Danke! Gemeinsam können wir mehr erreichenn und Menschen helfen, eine neue Zukunft aufzubauen.